Von den apokalyptischen Visionen Andrej Tarkowskijs ist stets ein mysteriöser Reiz ausgegangen. Ob „Solaris“, „Stalker“ oder „Nostalghia“ – die Filme des russischen Regisseurs haben die Grenzen des klassischen Erzählkinos ein ums andere Mal überschritten. Da macht auch „Andrej Rubljow“, Tarkowskijs zweiter Spielfilm, keine Ausnahme.
Zu Beginn des 15. Jahrhunderts wird der Mönch Andrej Rubljow Rechte Hand des bedeutenden Ikonenmalers Theophanes. Anders jedoch als der Grieche will er die Menschen mit seiner Kunst nicht in Angst und Schrecken versetzen. Die erbarmungslose Politik seiner Auftraggeber stürzt Rubljow bald in eine schöpferische Krise, und er gelobt, von da an weder zu sprechen noch zu malen. Als er 15 Jahre später einem jungen Glockengießer begegnet, der mit viel Ehrgeiz und Enthusiasmus eine mächtige Kirchenglocke hergestellt hat, bricht er sein Gelübde und beginnt wieder zu malen.
Die Kunstgeschichte hat schon früh die überragende Bedeutung Rubljows an der Schwelle zwischen spätbyzantinischer und osteuropäischer Renaissance erkannt. Seine Wandgemälde und vor allem seine Ikonen begründeten die Moskauer Malschule. Tarkowskijs facettenreiches Portrait, das sowohl durch eine realistische Kraft, als auch durch eine nachdenkliche Vielschichtigkeit besticht, verweigert sich jeder vorschnellen Bewertung, beschreibt vielmehr höchst differenziert die Wechselbeziehungen von Kreativität und Spiritualität – was auch den sowjetischen Zensurbehörden nicht entging, die das Meisterwerk als „künstlerisch unausgereift“ bis Ende 1973 in die Archive verbannten.
Andrej Rubljow UdSSR 1966-69, 185 Minuten, ab 16 Jahren, R: Andrej Tarkowskij; D: Anatolij Solonizyn, Iwan Lapikow, Nikolaj Grinko