Henry James hat die Romane von Fjodor Dostojewskij einst als „ausgebeutete Monster“ bezeichnet. Eines dieser Monster mit unbescheidenem Umfang von 800 Seiten und stolzer Figuren-Armada ist definitiv „Der Idiot“. Im Zentrum des 1868 erschienenen Romans steht Fürst Myschkin, der aufgrund seiner Epilepsie „Der Idiot“ genannt wird. Nach einem Kuraufenthalt kehrt er in seine russische Heimat, einer von allen guten Geistern verlassenen, von Triebbefriedigung und Bereicherung porös gewordenen Welt, zurück. In dem Bemühen, Harmonie und Liebe zwischen den Menschen zu stiften, gerät Myschkin immer mehr in die Schusslinie der durchtriebenen feinen Gesellschaft, die ihn erst vorführt wie einen Hofnarr und mit ihren niederträchtigen Spielchen letztlich in den Abgrund reißt.
Dank seiner strukturellen Regelmäßigkeit und der zahlreichen Dialoge inspirierte der Mammut-Stoff zahlreiche Filmemacher zur Auseinandersetzung, zum Beispiel den französischen Regisseur Georges Lampin, der die Schlachten der verletzten Seelen und die Grenzsituationen zwischen Hoffnung und Erstarrung 1946 brennpunktartig aufschlüsselte. Sah Dostojewskij in seinem Idioten den „wahrhaft vollkommenen und schönen Menschen“ im Kampf gegen Nihilismus und Selbstzerstörung, ist Gérard Philipe als Myschkin ein sich mühevoll aufrichtender Melancholiker, der ständig zwischen die Mühlsteine aus falschen und echten Gefühlen gerät.
Brillante Literaturverfilmung!
Der Idiot Frankreich 1946, 101 Minuten, ab 16 Jahren, R: Georges Lampin D: Gerard Philipe, Edwige Feuillère, Michael Andre u.a