Der Mann ohne Vergangenheit (Mies vailla menneisyyttä)

Der Mann ohne Vergangenheit

„Ich bin ein lausiger Amateur“, sagte Aki Kaurismäki. „Ich bin nichts. Am liebsten würde ich mir ins Gesicht treten.“ Wenn er früher über seine Arbeit sprach, war der finnische Regisseur („Leningrad Cowboys“) nicht gerade zimperlich. Was er über „Der Mann ohne Vergangenheit“ zu sagen hatte, klang dagegen fast überschwenglich: „Natürlich sind da noch einige abscheuliche Mängel in der Regie. Ansonsten ist der Film okay. Er hat schöne Farben und gute Musik.“

Die Ärzte halten den Mann für tot, doch kaum haben sie das Zimmer verlassen, reißt er sich die Schläuche ab, biegt sich die Nase zurecht und verlässt die Klinik, als wolle er mit aller Macht ins Leben zurückkehren. Von Halbstarken war der Mann ohne Namen überfallen worden und hatte dabei sein Gedächtnis verloren. In einem Containerdorf am Fluß beginnt er ein neues Leben und findet in einer schüchternen Heilsarmee-Offizierin die große Liebe. Doch dann kommt ihm die Bürokratie in die Quere, für die ein Mensch ohne Identität nicht existieren darf.

Kaurismäki, dem trinkfesten Enfant terrible mit dem großen Herz, ist ohne Frage ein kleines Meisterwerk gelungen, das gleich zu Beginn – mit der Auferstehung von den Toten – seinen märchenhaften Charakter betont. Ganz unten, wo niemand mehr etwas zu verlieren hat, findet sein Held Mitgefühl und Solidarität. Dafür kann der Mann, der nicht weiß, wer er ist und woher er stammt, andere aus ihrer Lethargie reißen: So überredet er die Heilsarmee-Kapelle, ihr Repertoire kurzerhand dem musikalischen Zeitgeist anzupassen.

Wie seine Figuren befindet sich der ganze Film in einer Zwischenwelt, einer lakonischen Melange aus Komödie und Melodram, die durch den geschickten Einsatz der Musik hin und wieder sogar um Musical-Elemente erweitert wird. Kaurismäki variiert das Motiv der „zweiten Chance“, dieses verzweifelte Wunschbild, die Zeit zurückdrehen und alles anders machen zu können. Völlig zurecht ist sein Film 2002 in Cannes und auch andernorts mit Preisen überhäuft worden.

 

Der Mann ohne Vergangenheit Finnland, Deutschland, Frankreich 2002, 97 Minuten, ab 12 Jahren, R: Aki Kaurismäki, D: Markku Peltola, Kati Outinen, Juhani Niemelä

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