Der Stand der Dinge

Bisweilen kann ein Film tatsächlich tödlich sein. Ein deutscher Filmemacher, der in Portugal einen Science-Fiction-Film dreht, macht sich in Hollywood auf die Suche nach seinem Produzenten. Der hat das Filmteam im fernen Europa ohne einen lausigen Dollar hängen lassen und sich dann aus dem Staub gemacht. Der Regisseur deckt zwar allerlei dubiose Machenschaften auf, das benötigte Geld erhält er jedoch nicht. Ganz im Gegenteil.

In „Der Stand der Dinge“ hat Wim Wenders die traumatischen Erfahrungen verarbeitet, die er in dem vierjährigen Kleinkrieg mit Francis Ford Coppola hat machen müssen. In dieser Zeit entstand „Hammett“, eine völlig misslungene Reminiszenz an den Film noir, die mit Wenders’ ursprünglichem Konzept nichts mehr zu tun hatte und nur das Eine bewies: dass Wenders den Erwartungen Hollywoods nicht gerecht werden konnte oder wollte.

„Der Stand der Dinge“ handelt von der Ohnmacht, Geschichten erfinden zu müssen, universale Geschichten mit Anfang, Mittelteil und Schluss; eine Ohnmacht, die die kolossale Kluft zwischen amerikanischen und europäischen Erzähltechniken offenbart. Mit jener kühlen Empfindsamkeit, die viele seiner Filme ausmacht, schildert Wenders die Schwierigkeiten des Filmemachens, die Zweifel, die Einsamkeit, die Versagensangst. Dabei weigert er sich – wie so oft –, die Handlung geradlinig zu entwickeln. Er biegt bei jeder Abzweigung ab, und es bleibt sein Geheimnis – und seine Kunst –, dass er sich nicht in eine Sackgasse verirrt, sondern stets sein Ziel erreicht. Dass der Film 1982 in Venedig den Goldenen Bären erhielt, ist nicht nur ein Triumph der Filmkunst über den Mainstream, es ist auch ein Beweis dafür, dass persönliche Visionen den Gesetzen des Marktes überlegen sein können.

 

Der Stand der Dinge BRD/Portugal/USA 1982, 124 Minuten, ab 12 Jahren, R: Wim Wenders, D: Patricj Bauchau, Paul Getty III, Samuel Fuller, Roger Corman

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