So manche Liebesgeschichte erzählt von der Sehnsucht nach Freiheit, von Menschen, die der Beziehung, die ihnen zum Gefängnis geworden ist, entfliehen. Das kann gelegentlich tragisch enden. Andere Liebesgeschichten erzählen von Menschen, die diese Flucht erst gar nicht riskieren. Das muss zwangsläufig tragisch enden. Hongkong-Regisseur Wong Kar-wai, der wegen seiner hypermodernen Großstadtfilme (z.B. „Days of Being Wild“) seit Jahren als innovativster Filmemacher Asiens gilt, erklärt uns in seinem Drama „In The Mood For Love“, warum.
Hongkong 1962. Der Journalist Chow und seine Frau sind nach der Eroberung Shanghais durch kommunistische Truppen in die britische Kronkolonie geflohen. Kaum haben sie ihre Wohnung in einem Mehrfamilienhaus bezogen, lernt er die attraktive Nachbarin Li-zehn kennen. Während ihre Ehepartner so gut wie nie zu Hause sind, begegnen Chow und Li-zehn sich beinahe täglich. Allmählich werden sie gute Freunde, bis sie eines Tages feststellen, dass ihre Partner miteinander eine Affäre haben.
Wong Kar-wai konzentriert sich vollkommen auf die beiden Hauptfiguren, die durch einen gemeinsamen Schmerz zueinander finden. Schnell entwickelt sich zwischen ihnen ein gefährliches und kompliziertes Spiel, das zwischen Imagination und Wirklichkeit ebenso oszilliert wie zwischen Liebe und Melancholie. Der Regisseur findet für diese außergewöhnliche Verbrüderung den passenden ästhetischen Rahmen. Sorgsam erkundet die Kamera die scheuen Blicke und zärtlichen Gesten der beiden. Die Trostlosigkeit des Alltags illustriert sie mit den immer gleichen Einstellungen einer Uhr, die den Arbeitsbeginn anzeigt, einer Treppe, die beide täglich hinuntergehen und des Flurs vor ihren Wohnungen.
Wong Kar-wais Meisterwerk erzählt somit nicht nur von der Trauer über einen Ehebruch, sondern auch von den Demütigungen durch den bigotten Moralkodex im Hongkong der 60-er Jahre.
In the Mood for Love Hongkong 2000, 94 Minuten, ab 6 Jahren, R: Wong Kar-wai, D: Maggie Cheung, Tony Leung Chiu-wai, Lai Chen, Rebecca Pan