Die Polizistin

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„Ich habe gerne mit Menschen zu tun“, antwortet Anne (Gabriela Maria Schmeide) auf die Frage des Revierleiters, weshalb sie Polizistin geworden sei. Ausgerechnet in die öde Rostocker Vorstadt, wo der Polizeialltag von zahllosen kleinen Delikten und schwerfälliger Bürokratie bestimmt wird, hat es die junge Frau nach ihrer Ausbildung verschlagen. „Das ist hier unsere Hauptbeschäftigung: Schwachsinn. Ruhestörung, Unfälle, Diebstähle in der Kaufhalle. Vater, Mutter, Bratpfanne. Skins, verwahrloste Jugendliche. Wer Geld hat, zieht weg. Wer keins hat, bleibt halt hier.“, erklärt ihr Kollege Mike (Axel Prahl). Der Umgang mit den Menschen, deren Leben von Armut und Gewalt geprägt ist, gestaltet sich für Anne alles andere als leicht. „Du musst dir eine dickere Haut zulegen“, rät Mike, als sie aus Mitleid mit einer Prostituierten die Dienstvorschrift einmal etwas freier interpretiert.

Dann begegnet Anne dem 10jährigen Benny, der drauf und dran ist, kriminell zu werden, und sie beschließt, sich um ihn zu kümmern. So lernt sie auch den leiblichen Vater des Jungen kennen, den kleinen Gauner Jegor (Jevgenij Sitochin), zu dem sie sich auf eigenartige Weise hingezogen fühlt. Doch der Spagat zwischen Mitgefühl und beruflichen Pflichten fällt der jungen Polizistin immer schwerer. Als Jegor versucht, für seinen Sohn Geld aufzutreiben, geraten die Ereignisse schließlich außer Kontrolle. Anne muss eine Entscheidung treffen.

„Die Polizistin“, der neue Film von Andreas Dresen („Nachtgestalten“), ist ein Meisterwerk von fast asketischer Schönheit: keine geleckte Hochglanzfotografie, keine trägen Totalen, die den Dingen ihr Geheimnis rauben, keine Musik. Vor allem keine Kompromisse.

Ein bisschen sieht dieser Film aus, als hätte man ihn aus dem Abfalleimer neben einer Imbissbude gezogen. Aber das ist gut so. Genauso muss er aussehen und nicht anders. Dresens Kunst ist eine der radikalen Reduktion, eine Kunst der Fragmentierung, der vermeintlichen Auslassungen. Er komprimiert die Momente der Beklemmung, der Ohnmacht, der Verzweiflung auf ihren puren Ausdruck So erscheint jede Einstellung notwendig, jeder Bildausschnitt zwingend. Und so entstehen, unberührt von der Konvention des Erzählens, magische Augenblicke der Wahrheit, die verhindern, dass „Die Polizistin“ in unverbindliche Sozialromantik abgleitet.

 

Die Polizistin Deutschland 2000, 98 Minuten, ab 12 Jahren, R: Andreas Dresen, D: Gabriela Maria Schmeide, Axel Prahl

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