„Ich hatte das Bedürfnis, einen Film zu machen, der therapeutisch wirken und nicht etwas beschwören sollte, was verlorengegangen ist.“, sagt Emir Kusturica („Time of the Gypsies“) zur Entstehungsgeschichte seines Films „Schwarze Katze, weißer Kater“. „Auf keinen Fall wollte ich mit diesem Film die Hoffnungen der Menschen auf ein billiges und stupides Niveau reduzieren, wie es der Hollywoodfilm oft tut. Mich hat die Schönheit alternativer und parallel existierender Welten interessiert. Die Zigeuner in meinem Film überleben wie Insekten, nach dem Prinzip der Selektion aufgrund von Farb- und Formschönheit der Flügel.“
„Schwarze Katze, weißer Kater“ spielt irgendwo in Balkanesien, da, wo die Donau ein langer, ruhiger Fluss ist. Hier lebt Kusturicas Held Matko, der sich als Schwarzhändler über Wasser hält. Da ihm für ein richtig großes Ding das nötige Startkapital fehlt, muss er sich Geld leihen und den Ganoven Dadan und seine Bande anheuern. Natürlich läuft alles schief: Dadan reißt sich nicht nur die Beute unter den Nagel, er fordert vom nichtsahnenden Matko auch noch einen Schadensersatz für den geplatzten Coup. Zare, Matkos Sohn, soll Dadans kleinwüchsige Tochter ehelichen. Natürlich können sich die jungen Leute nicht ausstehen. Da trifft es sich gut, dass nach der Tradition keine Hochzeit gefeiert werden darf, solange man einen Trauerfall in der Familie hat …
Mag sein, dass dies nicht gerade das subtilste Werk des bekennenden Kinoromantikers Kusturica ist: Mit „Schwarze Katze, weißer Kater“ gestattete sich der Regisseur 1998 eine schwungvolle Slapstick-Burleske, die gänzlich ungehemmt zwischen Bilderflut, Nonsens und Scharlatanerie alterniert. Ob zwirbelbärtige Riesen oder frisierte Rennrollstühle, ob angesägte Donnerbalken oder autofressende Schweine, dem Kinobesucher wird eine deftige cineastische Balkanplatte serviert, die alle Gegensätze der Region in sich zu vereinen sucht: Schwarz und Weiß; Armut und Reichtum; die Halbwelt osteuropäischer Gangsterbanden und der „American way of life“ mit Stretch-Limou und viel, viel Koks; das Zigeunerleben, das nicht immer lustig ist, und die „Wohltaten“ der westlichen Zivilisation.
„Es geht um einen fast naiven Blick auf die Welt, wie zwischen einer schwarzen Katze und einem weißen Kater.“, so Kusturica über seine kraftstrotzende Hommage an die Sinti-Kultur, die gelegentlich den Charme eines Bauernschwanks versprüht. „Bestimmt wirkt die emotionale Dimension des Films manchmal kitschig. Ich wollte aber, dass dieser Kitsch die Lebenslust der Welt an der Peripherie spürbar macht. Auf keinen Fall ist er manieristisch gemeint.“
Schwarze Katze, weißer Kater Jugoslawien/Frankreich/Deutschland 1998, 130 Minuten, ab 6 Jahren, R: Emir Kusturica, D: Bajram Severdzan, Srdjan Todorovic, Branka Katic