Koyaanisqatsi

Koyaanisqatsi  Sollte der all zu oft bemühte Begriff „Kultfilm“ jemals einen Sinn haben, dann vermutlich für „Koyaanisqatsi“. Allein schon dieser Titel! In der Sprache der Hopi-Indianer hat er nicht weniger als fünf Bedeutungen: verrücktes Leben; Leben in Aufruhr; Leben in Auflösung; Leben aus dem Gleichgewicht; Leben in einem Zustand, der nach Veränderung ruft. Als „Koyaanisqatsi“ 1983 in die Kinos kam, waren viele (auch ich) vollkommen überwältigt von dieser filmischen Meditation über den endzeitlichen Verfall unserer Mutter Erde. Kein anderer Film entsprach so sehr der damaligen politischen Stimmung wie dieser, an dem Regisseur Godfrey Reggio, Kameramann Ron Fricke und Komponist Philip Glass sieben lange Jahre getüftelt hatten, ein fulminanter kinematografischer Bilderbogen, der vom Paradies über die Gegenwart der Städte bis zur Apokalypse reicht.

Am Anfang sehen wir den Grand Canyon in all seiner Schönheit, aus dem Hubschrauber mit erhabenen Totalen fotografiert, Wasserfälle und Wolkenformationen. Dann, nach etwa zwanzig Minuten, zieht das Unheil herauf: riesige Bagger, die sich am Idyll zu schaffen machen, Kraftwerke, die giftige Rauchschwaden ausspeien, Panzer, Autos, Rolltreppen, Hochhäuser. All diese Symbole der Dekadenz und des Untergangs sind durch das Prinzip der beschleunigten Montage strukturiert und assoziativ kombiniert. Menschen irren umher in labyrinthischen Bauten, Blechlawinen quälen sich durch den urbanen Moloch, Impressionen von zerfallenen Wohnsilos. Weiter führt die Bilderreise, immer hastiger, immer ruheloser, bis wir schließlich, nach der endlos erscheinenden Zeitlupenaufnahme einer explodierenden Rakete, zu den indianischen Höhlenzeichnungen der Eröffnungssequenz zurückkehren.

Heute, fast 20 Jahre später, frage ich mich, ob „Koyaanisqatsi“ tatsächlich etwas bewirkt hat, ob uns der Film damals zur Besinnung gebracht oder uns nur in Trance versetzt hat? Immerhin: Die „Grünen“ sitzen inzwischen in der ein oder anderen Regierung. Und das haben sie garantiert auch „Koyaanisqatsi“ zu verdanken.

 

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