Die Filme von David Lynch beginnen da, wo das Mainstream-Kino aufhört. Sie stoßen in unbekannte Territorien vor, erforschen die Schattenreiche der Instinkte und Verbote und kehren die Verhältnisse des Vertrauten um: Das Natürliche wird unnatürlich, das Heimliche unheimlich, die Ordnung gerät zur Konfusion. „Ich liebe es, die verborgenen Dinge, die unser Innerstes erschaudern lassen, ans Tageslicht zu bringen“, sagt der exzentrische Regisseur, der die geschönten Glücksbilder einer Wunschwelt stets in Frage gestellt hat. In seinen Filmen erscheint Wärme als Kälte, Geborgenheit als Einengung, Harmonie als Tarnung von Verbrechen, Gewalt, Sünde. „Mulholland Drive“, der Anfang dieses Jahres im Kino lief und jetzt auf DVD und Video zu haben ist, macht da keine Ausnahme.
Eine rätselhafte Schönheit (Laura Elena Harring), die nach einem schauerlichen Unfall das Gedächtnis verloren hat, begegnet zufällig der naiven Betty (Naomi Watts), die so gerne ein Hollywood-Star wäre. Während sich die beiden Frauen auf die Suche nach einer kompletten Biografie machen – und sich dabei ziemlich nahe kommen –, lernen wir in den Subplots zwei weitere schräge Figuren kennen: einen Regisseur (Justin Theroux), der von der Mafia gejagt wird, und einen Auftragskiller, der beinahe seinen Job vermurkst. Die Lösung aller Rätsel könnte ein Mann im Hintergrund haben, der sich selbst nur „Cowboy“ nennt, oder aber der geheimnisvolle Rollstuhlfahrer, der die Macht über verbotene Räume und Träume zu besitzen scheint. Doch wo immer sich die Wahrheit auch verbirgt – sie ist nicht von dieser Welt. Eventuell.
Auch wenn er seinem Gesamtwerk nichts wirklich Neues hinzugefügt hat: Lynch ist mit „Mulholland Drive“ ein handwerklich perfekter, höchst origineller Film gelungen, der mit zahlreichen Mythen unserer Zeit lustvoll spielt. Und wie immer überlässt es der Regisseur dem Zuschauer selbst, sein surreales Thriller-Labyrinth zu ergründen.