Vom Tellerwäscher zum Millionär, vom unbedeutenden Geiger zum Hofkomponisten: Es war zweifellos eine Bilderbuchkarriere, die der Italiener Jean-Baptiste Lully als Protegé Ludwig XIV machte. Für den Sonnenkönig komponierte er eine Musik, die der gigantischen Inszenierung und Choreografie des höfischen Zeremoniells vollkommen entsprach, gleichsam einen Soundtrack des Absolutismus.
Nach „Farinelli“ – 1995 für einen Oscar nominiert – hat der belgische Regisseur Gérard Corbiau nun das Leben dieses äußerst anpassungs-fähigen Komponisten auf die Leinwand gebracht – und mit ihm den eigenartigen Reiz seiner Musik.
„Der König tanzt“ besticht zuerst einmal durch seine erlesene Schönheit: Tableaus, die aussehen wie von Le Brun oder Mignard gemalt; Landschaften mit einem Licht und einer Tiefe, dass einem der Atem stockt; Interieurs, die so wunderschön sind, dass man um ein Haar von falschen Träumen einer besseren Vergangenheit übermannt wird. Corbiau – bekanntermaßen ein Präzisionsfanatiker – hat mit monomanischer Besessenheit eine ganze Epoche rekonstruiert.
Bald aber wird deutlich, dass es sich nur um einen ziemlich eisigen Kostümfilm mit viel – fast möchte man sagen: zu viel – Musik handelt, in dem die Figuren wie verlorene Marionetten agieren. So auch Lully (Boris Terral), der seinen König (Benoît Magimel) zu Beginn abgöttisch verehrt, doch prompt zum undankbaren Choleriker wird, sobald dieser ihm nicht mehr richtig zugetan ist und nur mehr Musik von ihm haben will. Und dann wird auch noch Molière (Tcheky Karyo), Ludwigs XIV Lieblingsdichter und Lullys bester Freund, zu seinem künstlerischen Rivalen – während am Hof hinterhältige Intrigen gesponnen werden.
Eine Aura von Vergeblichkeit verdunkelt alle Anstrengungen des Komponisten. Den ganzen Film über bleibt er ein Getriebener, der unentwegt auf die königlichen Kapriolen zu reagieren versucht. Und am Ende rammt er sich im Takt seiner Musik auch noch einen Stock in den Fuß und stirbt. Das hat er nicht verdient, Monsieur Corbiau!
Der König tanzt Deutschland/Belgien/Frankreich 2000, 108 Min., R. Gérard Corbiau, D. Boris Terral, Benoît Magimel, Tcheky Karyo