Richard III.

Richard

Den Frieden kann er nicht ausstehen. Festlichkeiten statt Feldlärm, Gelage statt Gemetzel: So beschreibt er kurz und bündig seine Lage. Er hat kein Talent für den Frieden. Bei den Frauen kommt er nicht an, er ist hässlich und hinkt, er kann nicht tanzen, und wenn er nicht in die Schlacht ziehen darf, weiß er nichts mit sich anzufangen. Richard, Herzog von Gloster, der später König Richard III. sein wird, langweilt sich. „Da ich nicht als Verliebter kann kürzen diese fein beredten Tage, bin ich gewillt ein Bösewicht zu werden“.

Und Richard ist das Böse schlechthin. Brutal und hinterhältig räumt er sich den Weg zum Thron frei – und geht dabei auch über Leichen. Doch dem Aufstieg folgt der Fall: Seine Feinde verbünden sich gegen ihn.

An diesem „Richard III.“ hätte wahrscheinlich auch William Shakespeare seine Freude gehabt. Regisseur Richard Loncraine hat das Königsdrama des Dichterfürsten aus Stratford-upon-Avon in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts verlegt: er verknüpft die Machtinsignien europäischer Diktatoren mit dem Genre des amerikanischen Gangsterfilms: Richard III. ist Hitler, Mussolini, Stalin und ,Scarface‘.

Loncraines kühne Inszenierung und eine prächtige Ausstattung, rasante Action und eine entfesselte Kamera, kräftige Farben und ein satter Sound sorgen dafür, daß aus einem Theaterstück begeisterndes, modernes Kino wird.

Auch der Humor kommt in dieser Show um den blutrünstigen Machtmenschen Richard nicht zu kurz. Wenn er beispielsweise seine Siegesrede auf der Toilette fortführt, oder Swing-Musik die tödlichen Intrigen begleitet. Ebenso beim klassischen Zitat „Ein Königreich für ein Pferd“, das Richard vom festgefahrenen Jeep aus deklamiert.

Dennoch bleibt die Essenz der Vorlage gewahrt. Ian McKellen, ein geadelter Shakespeare-Darsteller, meistert schmeichelnde Worte und Todesurteile gleichermaßen lustvoll sadistisch. 1996 gab es in Berlin den Silbernen Bären als Regiepreis für Richard Loncraine.

 

Richard III. GB 1995, 104 Minuten, ab 16 Jahren, R: Richard Loncraine, D: Ian McKellen, Annette Bening, Jim Broadbent, Kristin Scott Thomas

Bullets over Broadway

„Ich habe mal in einer Revue in Wichita mitgespielt. Sie hieß ‚Machen Sie sich frei’“. Olive (Jennifer Tilly) ist die wahrscheinlich schlechteste Schauspielerin der Welt, sie ist aber auch und vor allem Mr. Valentis Konkubine. Mr Valenti (Joe Viterelli) wiederum ist Mafiosi und sponsert das neue Stück des jungen Broadway-Autors David (John Cusack). Allerdings nur unter der Bedingung, dass Olive die Hauptrolle spielen darf.

Es ist nicht nur dieser Konflikt zwischen Kunst und Kohle, der den hoffnungsvollen Autor zur Verzweiflung treibt. Auch sein Stück mit allerhand egozentrischen Darstellern und dramaturgischen Schwächen scheint kein richtiger Bringer zu sein. Dann aber schlägt Olives etwas beschränkter Bodyguard Cheech (Chazz Palminteri) zu und Textänderungen vor. Dadurch kommt nicht nur Leben ins Stück, Cheech weiß auch genau, wie man der untalentierten Olive einen letzten veritablen Abgang verschafft.

In seinem 25. Film übertraf sich Woody Allen selbst: Angereichert mit der Jazzmusik der 20er, ironischen Querverweisen und unschlagbarem Dialogwitz ist „Bullets over Broadway“ eine anspielungsreiche und augenzwinkernde Betrachtung über die „hohe“ Kunst, das Drama des wahren Lebens und die Scheinwelt Hollywoods.

 

Bullets over Broadway USA 1994, 99 Minuten, ab 12 Jahren, R: Woody Allen D: Jim Broadbent, John Cusack, Harvey Fierstein, Chazz Palminteri