Das Mädchen aus der Streichholzfabrik (Tulitikkutehtaan tyttö)

Trostlos ist das Leben in Finnland, wenn man den Filmen Aki Kaurismäkis Glauben schenkt. Durch graue Städte streifen noch grauere Menschen, wortkarg, verbittert und von chronischer Seelennot erfasst. Auf der Suche nach der besseren Welt sind diese Menschen, einer Welt, in der die Sonne scheint, in der das Glück wohnt und die Liebe.

Iris beispielsweise, das Mädchen aus der Streichholzfabrik, ist so ein Mensch. Sie wohnt immer noch zu Hause und kümmert sich um ihre Eltern, die nichts besseres zu tun haben, als pausenlos in die Glotze starren und ihre Tochter zu piesacken. Auch der Mann, den sie zu lieben glaubt, nutzt sie nur schamlos aus. Kein Wunder, dass Iris eines Tages der Kragen platzt: Sie besorgt sich eine Extraportion Rattengift und befördert kurzerhand alle, die ihr je etwas angetan haben, ins Jenseits. Als wenig später Polizisten in der Fabrik auftauchen, lässt sie sich widerstandslos festnehmen.

In „Das Mädchen aus der Streichholzfabrik“, dem letzten Teil seiner „proletarischen“ Trilogie, führt Kaurismäki eine durch und durch melancholische Heldin vor, die sich jeden Tag aufs Neue in einen Kampf stürzt, von dem sie weiß, dass er nicht zu gewinnen ist. Es ist dieser ermüdende Stellungskrieg gegen die Schwerkraft der Verhältnisse, gegen eine kalte und skrupellose Gesellschaft, die das Glück des Einzelnen unmöglich macht, und Kaurismäki inszeniert ihn mit einer Mischung aus dramaturgischem Understatement, schwarzem Humor und niederschmetternder Traurigkeit. In letzter Konsequenz – so die Botschaft des Films – ist es völlig unerheblich, ob Iris triumphiert oder scheitert – der Liebe ihres Regisseurs – und der der Zuschauer – kann sie allemal sicher sein.

 

Das Mädchen aus der Streichholzfabrik Finnland 1989, 70 Minuten, ab 12 Jahren, R: Aki Kaurismäki, D: Kati Outinen, Elina Salo, Vesa Vierikko

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